Um die schiere Menge an Kneipen in Prag bewältigen zu können, braucht man am besten ein Thema. Dabei sind wir tierisch abgegangen. Denn der Spaziergang durch den Zoo ist wohl der beste Querschnitt, um Prager Kneipen kennenzulernen. 

In Prag einfach mal auf ein paar Bier zu gehen, ist kein Problem. Eine Kneipe gibt es immer in der Nähe. Manchmal gleich Dutzende. Und dort liegt auch das Problem: Das schiere Überangebot überwältigt jeden Kneipenfreund erstmal. Wer den Wunsch hat, einen guten Querschnitt der Prager Kneipen zu finden, der hat es schwer. Auch mir ging es so und ich habe daher nach einer Tourenanleitung gesucht. Dabei bin ich auf die Prager Biertouren von der App-Firma Infotec gestoßen. Diese bieten zu verschiedenen Themen in einer App und auf der Webseite gelistete Zusammenstellungen von Kneipen. Eine Tour, die mir dabei besonders positiv auffiel, war der “Zoo-Rundgang”. Dafür hatten die Entwickler eine Menge an Kneipen zusammengestellt, die alle ein Tier im Namen tragen. Hierauf hin habe ich das mit meiner Prager Freundin Anna gegengecheckt. Sie kennt eine ganze Menge Kneipen und meinte gleich: “Ja, das ist eine ganz gute Auswahl.” Also ging es am selben Tag um 17 Uhr los. Wir hatten schließlich einiges vor uns.
Die Regeln für die Kneipentour: Mindestens ein kleines Glas vom hauseigenen Bier pro Kneipe/Brauerei.
Die Tour war zum Teil übrigens parallel zu unserer Nachtwanderung durch Prag.

Das Nilpferd liegt etwas abseits der Touristenpfade aber trotzdem nah bei den Attraktionen auf der Kleinseite.
Das Nilpferd liegt etwas abseits der Touristenpfade aber trotzdem nah bei den Attraktionen auf der Kleinseite.

Kneipe Nummer 1: Zum Nilpferd (U hrocha) – Behäbig durch die Räucherkammer

Die Masse an Menschen bewegt sich behäbig durch das “Nilpferd”. Möglicherweise hat es damit zu tun, dass man sich erst durch den undurchsichtigen Rauch sägen muss, bevor man die Theke erreicht. Dort erwartet einen dann immerhin frisches Pilsner Urquell. Wer sich setzen möchte, ist hier wahrscheinlich falsch. Denn die Stammgäste belegen alle Sitzplätze. Zur Unterhaltung wird sich gerne durch den Raum angeschrien. Das Bier, was serviert wird ist dafür aber frisch und köstlich. Die Bedienung dafür weder noch und beschwert sich stattdessen, dass man im Weg steht, obwohl es im Grunde sonst keinen Platz gibt. Nun denn – wer sich unter Nilpferd ein niedliches, dickes Tierchen vorstellt, der hat sowieso noch niemals eine Dokumentation über Afrika gesehen. Die Tiere greifen Menschen gern an. Das passiert im Prager “Nilpferd” zwar nicht. Aber freundlich ist man auch nicht gerade – für Prager Verhältnisse also eine normale Kneipe.
Bier: Pilsener
Gut: Sehr original, viele Einheimische, niedlich eingerichtet, Eckkneipe trotz touristischer Location
Eher schlecht: extrem verraucht (aber das ist in Tschechien normal), unfreundliches Personal
Geheimtipp: Am Tisch links sitzen die Stammgäste. Anscheinend schon seit der Eröffnung.
Adresse: Thunovská 10, 118 00 Prag 1, Tschechische Republik

Im "Kater" sind Fanschals aus aller Welt Mode. Habt ihr einen?
Im „Kater“ sind Fanschals aus aller Welt Mode. Habt ihr einen?

Kneipe Nummer 2: Zum Kater (U kocoura) – Bier statt Espresso

Der Name ist Programm, denn viele der Gäste befinden sich auf dem Weg zum Kater. Dazwischen hocken einige Touristen. Die trauen sich oft nur an die vorderen Tische, wie auch wir. Die Bedienung am Anfang etwas zurückhaltend, wird später noch recht redselig und reißt sogar noch ein paar Witzchen.
Hier ist es auch, wo mir das erste Mal ein anscheinend tschechisches Phänomen auffällt. In Italien gehen die Leute schnell auf einen Espresso in die Cafés. Oft werden sie noch im Stehen getrunken. In Prag passiert das gleiche mit Bier. Es kommt ein Mann Anfang sechzig rein und setzt sich. Er wird mit Vornamen begrüsst. Noch bevor wir überhaupt unsere Bestellung abgeben konnten hat er bereits einen halben Liter Kozel vor sich stehen. Noch bevor wir unser Glas haben, hat er seines bereits leer getrunken. Es folgt ein kurzes Gespräch: “Pass bloß auf deinen Mann auf. Sonst fängt er noch an zu trinken”, ruft der Schnelltrinker der Gastwirtin zu. Sie, er und der Gastwirt lachen herzlich. Das Bier wird notiert, der Gast verschwindet als unser Bier auf den Tisch kommt. Was Italiener sein Espresso ist dem Tschechen sein Bier. Das deckt sich auch mit der Biertrinker-Statistik. Da liegen die Tschechen nämlich mit 145 Litern pro Kopf und Jahr im Durchschnitt weit vor uns Deutschen mit nur 107 Litern. Hier werden wir noch von den Österreichern geschlagen. Die trinken 108 Liter.
Bier: Pilsner, Bernard, Budvar
Gut: Essen sah lecker aus, viele Einheimische, direkt auf dem Weg zur Prager Burg, guter Stopp, Fanschals von europäischen Fußballclubs, Service etwas langsam aber nach Eingewöhnungsphase sehr freundlich
Eher schlecht: recht rauchig (wie alle Pubs)
Geheimtipp: An der Wand ist noch Platz für Fanschals!
Adresse: Nerudova 205/2, 118 00 Prag

... trotz unfreundlicher Kellner. Campinghocker mitbringen und möglichst nicht in den Weg stellen!
… trotz unfreundlicher Kellner. Campinghocker mitbringen und möglichst nicht in den Weg stellen!

Kneipe Nummer 3: Zum Schwarzen Ochsen (U cerneho vola) – Black is beautiful

Der schwarze Ochse ist anscheinend soetwas wie eine Prager Insititution. Er wird in nahezu allen Pub-Führern empfohlen und trotzdem sind es die Prager die ihn davor bewahrt haben ein Mc Donald’s zu werden. Die urige Einrichtung in der Nähe des Klosters und unweit von Novy Svet, bietet nicht nur für die Augen einiges zu tun. Unbedingt trinken sollte man hier ein Kozel. Denn das Velkopopovický Kozel gehört zu den besten Bieren, die man in Böhmen geboten bekommt. Meine Tourenbegleiterin Anna schwört hier übrigens auf die dunkle Variante!
Im Ochsen selbst muss man das Kozel durchaus auch mal im Stehen trinken. In der Eingangshalle sind Stehtische und die sind nicht für die Raucher da. Das Pub mit 40 raren Sitzplätzen soll immer voll und immer rauchig sein. Aber das Bier entschädigt!
Bier: Kozel (hell und dunkel), Pilsner
Gut: Schöne Einrichtung, nette Details, gutes Bier
Eher schlecht: Mangel an Sitzplätzen, Personal unfreundlich wie immer, rauchig
Geheimtipp: Wer einen Klappstuhl hat, ist klar im Vorteil!
Adresse: Loretánské náměstí 107/1, 118 00 Prag

Eigentlich wollte ich den ersten Teil der Kneipentour nach der dritten Kneipe schon teilen. Aber es waren dann insgesamt acht. Aber wie sagte Hunter S. Thompson so schön: „Once your start a serious [beer] collection your tendency is to push it as far as you can.“ Und so lag die „Dicke Maus“ auf dem Weg vom Hrad in die Altstadt. Mit der Tram hinter dem Schloss geht es am schnellsten. Wer eine Kneipentour macht der braucht eine gute Kondition von Leber und Beinen. Und Lunge… Příští zastávka: Újezd. Nächster Halt: Ujezd. 

Anna nach dem vierten Bier schon ziemlich gequält. Sie hat sich dann auch verflüchtigt. Die Tschechen trinken angeblich das meiste Bier in der Welt. Zumindest an dem Abend hat sie mich aber enttäuscht!
Anna nach dem vierten Bier schon ziemlich gequält. Sie hat sich dann auch verflüchtigt. Die Tschechen trinken angeblich das meiste Bier in der Welt. Zumindest an dem Abend hat sie mich aber enttäuscht!

Kneipe Nummer 4: Tlustá myš (Dicke Maus): Ordentlich Käse für die Maus

Wer sich beim Namen an die Wilde Maus erinnert fühlt, dessen Enthusiasmus muss ich etwas dämpfen. Wild geht es hier höchstens die Treppe runter. Unten wartet eine gediegene Kneipe auf. Das Interieur zeigt vielen Reminiszenzen an die kleinen Namensgeber. Das Personal ist nicht überschwänglich aber für Prager Verhältnisse freundlich. Wir haben in der Dicken Maus gegessen. Die Karte bietet Böhmisches und Fremdes. Sehr zu empfehlen ist der Nakládaný hermelín, eine Art tschechischer Camembert. Er ist eine der Nationalspeisen und sogar Kulturerbe des Landes und hier gibt es ihn eingelegt in einer gewöhnungsbedürftige aber durchaus leckere Sauce. Fett ist schließlich die beste Basis für Trinkgenuß und so erklärt sich wahrscheinlich auch der Name der Kneipe. Dazu gibt es dann eines der Biere. Kozel kennt der Besucher vielleicht schon aus dem Ochsen. Daher kann man auch mal ein Gambrinus trinken. Es ist nicht das Highlight aber dennoch ein ganz gutes Bier. Mit schmeckt es schon deshalb, weil meiner Familie vor vier Generationen eine Kneipe namens „Gambrinus-Halle“ in Eisleben gehörte. Dann mal Prost!
Bier: Kozel (hell und dunkel), Pilsner Urquell, Gambrinus
Gut: Hermelin, gutes Essen, leckere Biere, nicht so arg verraucht
Eher schlecht: etwas ruhig und abseits der anderen Tierkneipen
Geheimtipp: Hier trägt man Hermelin auf dem Teller statt Nerz um den Hals!
Adresse: Všehrdova 547/19, 118 00 Prag

Im zweiten Teil der Serie kämpfen wir uns durch den Altstadt-Zoo. Dort warten ein paar große und kleine Katzen, ein Zirkustier und ein echter Australier mit einem samtweichen Herzen auf euch! 

Posted by Peter Althaus

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2 Comments

  1. Hallo Peter,
    deine Kneipentour durch Prag hast du super bebildert und mit reichlich Infos garniert.
    Herzlichen Dank dafür.

    P.S.
    In der Tlustá myš hab ich mir auch schon mal ein frisch gezapftes genehmigt!

    Antworten

    1. Hallo Stefan!
      Danke für die Lorbeeren! Wenn ich einen Pub unbedingt empfehlen müsste, wäre es der Koala! Mit Abstand die nettesten Leute – insofern schon etwas ungewöhnlich für Prag aber erfrischend. Das Bier schmeckt aber auch fast überall! Freue mich, wenn Du Deine Leser auf Tour schickst!
      Lieben Gruß,
      Peter

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